Ursprünglich trug ein Yoga-Stil den Namen seines Begründers. So gibt es beispielsweise den Shivananda-Stil, der auf den Lehrer Śivānanda hinweist. Dieser hat eine bestimmte Übungsreihe geprägt, die Rishikesh-Reihe, bei der sich die grundlegenden Yogaübungen ergänzen, ausgleichen und begünstigend zur nächsten Übung überleiten. Śivānanda selbst pflegte und empfahl sie zur Gesunderhaltung des Körpers zwischen den spirituellen Disziplinen auf einem geistigen Schulungsweg. Er sprach in einer solchen Selbstverständlichkeit darüber, dass die Körperübungen weder eine Überbetonung noch eine minderwertige Rolle gegenüber den geistigen Übungen spielten. In den letzten 10-20 Jahren entstanden aber auch Yogastile, die ihren Schwerpunkt verstärkt auf die körperlich-energetische Wirkung der Praxis legten, wie z.B. Poweryoga oder Flow-Yoga. Mir ist dieser beinahe „nebensächliche“ Umgang – wie ich ihn an den Aussagen Śivānandas wahrnahm – sympathischer als die Ausreizung der energetischen Wirkung über die Körperübungen.
In der so genannte Rishikesh-Reihe von Śivānanda sind die Yogastellungen in einer sich sinnvoll ergänzenden Übungsreihe aufeinander abgestimmt, daher unterrichte ich diese hauptsächlich in den Anfängerkursen. Dennoch würde ich nicht sagen, dass ich in der „Śivānanda-Stilrichtung“ unterrichte. Ein Stil gibt meist eine bestimmte äußere Form der Übungen weiter, die in der Linie eines Lehrers oder der Tradition gelehrt und genau nachpraktiziert wird. Mir ist aber auf Grundlage des Hatha-Yoga (die Rishikesh-Reihe besteht aus den klassischen Hatha-Yoga-Übungen) der Sinn für die Bewegung und Form einer Übung wichtig. Sonst wäre es vergleichbar mit einem Maler, der die Natur nur fotografisch abmalt und sein Handwerk perfektioniert, aber keine seelische Empfindung zum Ausdruck bringt. Insofern hat mich schon immer die „innere Haltung“ und dementsprechend der seelische Ausdruck interessiert.
Natürlich kommen in meinem Unterricht auch gesundheitliche Aspekte zum Tragen. Es wird besonders auf eine günstige Verteilung von An- und Entspannung geachtet: Die Muskulatur des oft zu schwachen Rückens soll gestärkt werden, andere Regionen wie Nacken und Schultern können mit der Zeit leichter entspannt werden. Dadurch entsteht gleichzeitig eine bessere Körperwahrnehmung, die wiederum den oben erwähnten Sinn für die Bewegung und Form fördert.
Der Verzicht auf Atemtechniken, welche im Hatha-Yoga normalerweise üblich wären, liegt im Schwerpunkt des künstlerischen Empfindens begründet. Danach ist der natürliche Atemrhythmus, wie er sich aus der jeweiligen Übung ergibt, ein autonomer Vorgang, in den gar nicht eingegriffen werden soll. Der Fokus liegt beispielsweise im Formerleben, in der Entwicklung einer eleganten Aufritung, in der Ausdehnung oder in der Koordination der Bewegung ohne übermäßigen Kraftaufwand … All diese Gestaltungskriterien werden über die Sinneswahrnehmung und nicht über eine Atemkontrolle oder Atemtechnik entwickeln.
Ich vermittle zu den einzelnen Übungen auch konkrete Inhalte, die der „inneren“ Haltung und sinngemäß einer Tugend im Leben entsprechen. Weitere Inhalte sind mit den so genannten „Chakren“ (Sanskrit cakra) oder „Lotusblumen“ verbunden, die in Zusammenhang mit einzelnen Nervengeflechten stehen und in den Übungen in konkreter Weise als ein Zentrum erlebt werden können. Wir lernen, die Übung so auszuführen, dass ein Sinn für die jeweiligen Lotusblumen entsteht, wie sie Rudolf Steiner in seinem Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten“ beschreibt. Besonders diese Eigenschaften sind es, die die innere Haltung einer Übung verständlich machen, so dass nicht nur die Leistung im Vordergrund steht, sondern der Bezug zum Leben.
In diesem Sinne wird auch kein „Leerwerden“ in der Übung angestrebt, sondern sogar ein Füllen der Übung mit dem eigenen Wahrnehmen und Interesse an den vielen Zusammenhängen auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene. Dies hoffe ich in meinem Unterricht anregen zu können – das ist mein „Stil“.
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